Weisst Du noch, Rosi-Tant?
Weisst Du noch als ich als kleines Kind jeden Nachmittag zu Dir rausgelaufen bin?
Mir beim Spielen tausendmal das Knie aufschlug, Deine Frösche mit Steinen beworfen habe, Kaulquappen entführen wollte, Deine Hühner mal wieder “versehentlich” frei gelassen habe? Wie oft hast Du mich am Ohr gepackt und gesagt: “Süwal, es reicht!”
Hab´Dich enttäuscht, Dich zornig gemacht, Dir Märchen erzählt - und Du hast mir alles verziehn, jedesmal!
Mit Dir haben wir gelacht und unglaublichen Unfug gemacht! Wie oft hast Du geduldig mit uns Möpop-Kunstwerke gebaut, uns Deinen sooo gesunden, selbstgemachten, bitteren Johannisbeersaft untergejubelt, uns verbotene Kekse gegeben und uns geschmalzene Hörnchen gekocht! ? Gemeinsam haben wir an regnerischen Nachmittagen Deiner Kuckucks-Uhr gelauscht und Dir beim Bewundern Deiner Porzellanvögel zugesehen…
Weisst Du noch als Du zu mir meintest: “Irgendwann wirst auch Du ein grosses Mädchens sein”? Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen und nun steht das kleine Mädchen hier und blickt Dir in Dein Grab hinterher. Wo ist all’ die Zeit geblieben?
Du hast vergessen mich zu fragen, ob ich schon bereit bin ein grosses Mädchen zu sein und Abschied zu nehmen!
Und ich hab Dir zu wenig oft gesagt, wie dankbar ich Dir für all die gemeinsame Zeit und diese kostbaren Momente bin!
Danke, dass Du einen grossen Teil meines Weges meine Hand gehalten hast und mir Deine Sicht auf die Welt gezeigt hast!
“Wenn ein Freund weggeht, muss man die Türe schließen, sonst wird es kalt.” (Bertolt Brecht ) – in meiner Erinnerung und meiner Phantasie öffnest Du mir jeden Tag aufs Neue Deine Tür und lachst mir entgegen.
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